Definition 

In den letzten Jahren hält der Begriff „Management“ nicht nur disziplinübergreifend in verschiedenen Forschungsfeldern Einzug, sondern vermehrt auch in den jagdlichen und artenschutzrechtlichen Kontext. Nicht immer ist dabei sofort klar, was genau mit diesem Begriff gemeint ist bzw. von diesem umfasst wird. Im Folgenden soll versucht werden, einige wesentliche Grundgedanken zum Begriff des Wildtiermanagement und dessen Bezug zur Jagd darzulegen.

Vielen Definitionen des „Wildtiermanagements“ ist der Versuch gemeinsam – mit einem unterschiedlichen Grad der Priorisierung – das Zusammenspiel von Wildtier, Lebensraum und Mensch sowie deren Verhältnis untereinander und deren Ansprüche aneinander in Bezug zu setzen. Im Wildtiermanagement geht es zudem darum, die unterschiedlichen Nutzungs- und Schutzinteressen, die die verschiedenen  Interessenlagen der Menschen wiederspiegeln, zu berücksichtigen. Die  Jagdausübung ist dabei eine ebenso selbstverständliche und legitime Form, wie die Nutzung der Natur als Erholungsraum und Ort der Freizeitgestaltung. Beides hat Effekte auf Wildtiere.

Nach SUCHANT (2015) umfasst der Begriff „Wildtiermanagement“ alle Tätigkeitsbereiche und Maßnahmen, die das Vorkommen, das Verhalten und die Populationsentwicklung von Wildtieren als auch deren Lebensräume so steuern, dass die verschiedenen Interessen, Ansprüche und Rechte der Menschen erfüllt und die Bedürfnisse der Wildtiere berücksichtigt werden. Im Wildtiermanagement müssen daher viele Disziplinen ineinandergreifen und alle Maßnahmen und Entscheidungen müssen auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, da andernfalls die verschiedenen Interessengruppen die – teils einschränkenden, teils fordernden – Maßnahmen nicht akzeptieren und die Ziele nicht erreicht werden können.

Bei den Interessengruppen gilt es vielfältige Interessenfelder der Umweltnutzung zu berücksichtigen: traditionelle wie die Siedlungstätigkeit, Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz, Jagd und Fischerei, aber auch neuere wie Tourismus und Freizeitverhalten sowie sich ausweitende Formen wie Ausbau der Infrastruktur oder Versiegelung der Landschaft (SUCHANT 2015). Der Umgang mit Wildtieren in einer vom Menschen geprägten Kulturlandschaft ist folglich in einem ständigen Wandel begriffen, denen sich alle Interessengruppen stellen müssen. Wildtiere stehen oft im Spannungsfeld zwischen Ökologie, Ökonomie und Gesellschaftspolitik. Viele Wildtierarten haben eine wichtige ökologische Funktion, die es zu erhalten oder zu fördern gilt. Zugleich haben einige dieser und andere Arten aufgrund ihrer  nachhaltigen Nutzung (Jagd, Fischerei) eine wirtschaftliche Bedeutung. Wieder andere bergen nach ihrer Einbürgerung bzw. Einwanderung ein Konfliktpotential zwischen verschiedenen Interessensgruppen (Naturschutz, Landwirtschaft etc.) oder per se (invasive Arten). Und nicht zuletzt sind einige Tierarten in ihrem Bestand gefährdet, so dass Gesetze und Verordnungen auf nationaler und internationaler Ebene zu erfüllen sind (HACKLÄNDER 2019).

Unseren heimischen Wildtieren kommt im Rahmen des Wildtiermanagement, nicht nur dem Namen nach, eine besondere Bedeutung zu: Sie sind ein schützenswertes Gut der Natur und ein nicht weg zu denkender Bestandteil unserer Landschaft. In der Kulturlandschaft, in der wir leben, wurde und wird der Lebensraum der Wildtiere immer durch den Menschen beeinflusst und gestaltet. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den Wildtieren ist da von größter Bedeutung. Dies muss zukünftig stärker auch raumplanerisch seine Berücksichtigung finden. Das Bundesprogramm Wiedervernetzung aus dem Jahr 2012, das beispielweise die Implementierung von Grünbrücken oder Querungshilfen vorsieht, war ein Schritt in diese Richtung – allerdings bleibt durch die schleppende Umsetzung des Programms der tatsächliche Mehrwert bis dato gering.

Eine bleibende Herausforderung für die weitere Etablierung des Begriffs Wildtiermanagement ist es, nicht nur die Bejagung selbst, sondern auch die Begrifflichkeit Jagd klar, offen und transparent anzuerkennen und zu befördern. Auch wenn die Jagdausübung ruht, Wildtiere also ganzjährig geschont sind oder erst gar keine Jagdzeit haben, ist auch deren Nichtbejagung eine Form des Managements. Jagdliche Werte und Begriffe wie die der Waidgerechtigkeit oder Hege haben im Wildtiermanagement eine hohe Stellung und Gültigkeit, beschreiben jedoch nur einen Teil dieses Konzeptes. Die Jagd ist per se wesentlicher Teil des Wildtiermanagements, was in den Grundsätzen in der deutschen Jagdgesetzgebung, wie zum Beispiel mit der Verpflichtung zur Hege, der Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie der Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen (§1 Abs. 1 & 2 Bundesjagdgesetz) festgelegt ist.

Abträglich ist in diesem Zusammenhang die bewusste Gegenüberstellung der Begriffe Jagd / Jagdausübung und Management seitens einiger Interessensgruppen, die bis hin zur Verneinung des Wortes Jagd reicht. Eine Vielzahl von Beispielen, bei denen andere Naturschutzvereinigungen beispielsweise die „Bejagung“ von Beutegreifern ablehnen, einem „Prädationsmanagement“ aber zustimmen bzw. dieses selbst veranlassen, ist die offenkundigste Form dieser Zuspitzung. Sowohl in Sachen Akzeptanz wie auch im Sinne eines ehrlichen Umgangs ist aber die Bereitschaft auch und gerade dieser Interessengruppen wichtig und zu erwarten, die Jagdausübung nicht unter dem Mantel des Begriffs „Management“ verstecken zu wollen.

Auch Jäger verwenden die Begrifflichkeit des „Prädatorenmanagements“. Hier wird aber stets deutlich gemacht und selbstverständlich offen kommuniziert, dass ein integraler Bestandteil dieser Managementkonzepte die Bejagung der Prädatoren ist.
Ein Beispiel, dass Management mehr umfasst / umfassen kann als die Jagdausübung, ist der Umgang mit den Neozoen und hier insbesondere mit den invasiven Arten. Für diese fordert die EU expressis verbis Managementkonzepte. Die Ziele und Vorgaben solcher Managementkonzepte sehen in der Regel u. a. die intensive Besatzreduktion bis hin zur Eradikation (Ausrottung) dieser stark zunehmenden Populationen vor. Die Jagd aber ist keine Schädlingsbekämpfung und muss sich den strengen Regeln für eine tierschutzkonforme und waidgerechte Jagdausübung halten. Im Rahmen eines Wildtiermanagements wird dargelegt, welche Ziele durch eine waidgerechte, tierschutzkonforme Bejagung realistisch erreicht werden können und welche zusätzlichen komplexen Maßnahmen notwendig sind, um die übergeordneten Managementziele erreichen zu können. Das Prinzip des Wildtiermanagements basiert darauf, dass ein Problem auf der Basis zuverlässiger Daten und Fakten analysiert wird, die Ursachen erkannt oder zumindest eingegrenzt wird, ein Ziel definiert wird, Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden und diese regelmäßig überprüft und gegebenenfalls nachgebessert werden, bis das Ziel erreicht wird.

Dieses Prinzip kann in allen Bereichen der Wildbiologie angewendet werden, ob die Reduktion der Nutria- oder Schwarzwildpopulationen oder die Verbesserung der Lebensräume für eine Zunahme der Niederwildbesätze. Die Jägerinnen und Jäger nehmen hier, wie oben dargestellt, eine zentrale Stellung ein: Neben der Jagdausübung selbst betrifft dies auch ihr Engagement zum Erhalt einer nachhaltigen Artenvielfalt durch ihre gestalterischen Tätigkeiten in Natur und Landschaft wie bspw. die vielfältigen biotopverbessernden Maßnahmen. Auch in anderer Weise ist ihre Rolle von absolut eminenter Bedeutung: Durch ihre langjährige konstant hohe Beteiligung an der Wildtiererfassung Niedersachsen schaffen sie die Grundlage für eine fachlich fundierte und valide Datenlage – ein zentraler Baustein von Managementkonzepten.
Ein Wildtiermanagementkonzept ohne Jagd und Jäger oder an den Jägern vorbei wird also nie nachhaltig erfolgreich sein können.

 

(Quelle: Strauß, E., Rölfing, F., Gräber, R. (2019): Wildtiermanagement. IN Gräber, R., Strauß, E,. Rölfing, F. und S. Johanshon (2019): Wild und Jagd – Landesjagdbericht 2018 / 19. Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.), Hannover, ISSN 2197-9839, S.17–19)

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