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Rehkitz im Januar

Das erste Rehkitz 2021 wurde in der Kreisjägerschaft Steinburg e.V. (Schleswig-Holstein) bereits im Januar gefilmt! (Quelle: Team Rehkitzrettung e.V.)

Die Hauptsetzzeit kann sich um mehrere Tage oder Wochen verschieben

Wann werden Rehkitze gesetzt? Im Mai, lautet die am häufigsten gehörte Antwort. Doch ist dies nur die halbe Wahrheit. Professor Walter Rieck veröffentlichte bereits 1955 in der Zeitschrift für Jagdwissenschaft die Analyse der Setz- beziehungsweise Markierungstermine von 16.687 Rehkitzen.

Seinen Ausführungen folgend, werden Rehkitze insgesamt in der Zeit zwischen Anfang März und Anfang September gesetzt. Die Erhebungen zeigten aber auch, dass etwa 96 Prozent aller Rehkitze im Mai oder Juni geboren werden. So fällt der mittlere Setztermin tatsächlich auf den 1. Juni, was durch entsprechende Befunde aus unseren Nachbarländern bestätigt wird.

Der Schlüssel liegt offenbar im vorherrschenden Klima in den Monaten April, Mai und Juni sowie, daran gekoppelt, an dem unterschiedlichen Grad der geografisch spezifischen Vegetationsentwicklung.

Ursache für die Schwankung

Interessanterweise lassen sich bezüglich der Hauptsetzzeiten aber auch in den Populationen oder Regionen selbst signifikante Unterschiede nachweisen. Dabei kommen die Autoren übereinstimmend zu dem Schluss, dass die Witterung, vornehmlich die Temperatur und daran geknüpft die Entwicklung der Vegetation noch während der Tragzeit, die Ursache für diese Schwankungen ist. Die Witterungseinflüsse unmittelbar an den Setztagen spielen dabei offenbar keine Rolle.

Es geht im Kern also um das Entwicklungsstadium der Pflanzendecke. H. Ellenberg (1978) brachte es über seine Forschungen im Versuchsgatter Stammham auf den Punkt. Er charakterisierte die phänologische Entwicklung der Vegetation neben den Blüh- und Austreibeterminen anderer, im Lebensraum vorkommender Pflanzen, vor allem über das Austreiben der Buchenblätter. Im Frühjahr 1973 – mit einem strengen Spätwinter – ergrünten die ersten Buchen erst am 29. April. Im milden Frühjahr von 1976 dagegen fiel der Termin bereits auf den 18. April. Der mittlere Setztermin wurde von Ellenberg in diesem Jahr am 18. Mai, im Jahr 1973 aber erst am 31. Mai, also fast zwei Wochen später ermittelt. Die Gesamttragzeit war in diesem Jahr also nachweislich länger als im Jahr 1976. Die Höhepunkte der Brunft in beiden Jahren lagen nur etwa drei Tage auseinander.

Rehe können ihre Beschlagenheitsdauer steuern

Ellenberg selbst bemerkt dazu, dass „das späte Frühjahr 1973“ das Setzen um etwa 14 Tage verzögerte und die Tragzeit um etwa zehn Tage verlängerte. Dies obwohl der Winter an sich relativ mild war, was die Bedeutung der Frühjahrswochen für den Setztermin unterstreicht. Ellenberg: „Rehe sind offenbar in der Lage, ihre Beschlagenheitsdauer äsungsabhängig so zu steuern, dass ihre Kitze in die günstigste Jahreszeit hineingesetzt werden.“ Kurth (1991) kommentiert diese als gekennzeichnet „durch verhältnismäßig hohe Temperaturen, durch einen Überschuss an leicht verdaulicher Nahrung und durch eine bereits weitgehend entwickelte geschlossene Pflanzendecke, die die Kitze vor Feinden und auch vor übermäßigen Wärmeverlusten schützt.“

Fast alle weiblichen Stücke werden in einem etwa gleichbleibenden Zeitraum brunftig

Die Zahl der fortpflanzungsfähigen weiblichen Rehe, die in der Hauptbrunft nicht beschlagen werden, ist sehr gering. Diese wenigen Stücke können in der so genannten Neben- oder Nachbrunft beschlagen werden, die Ende November/Anfang Dezember erfolgt und in etwa mit dem Ende der Keimruhe zusammenfällt. Über die folgenden Setztermine ist mangels Masse an sicheren Beobachtungen nichts bekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Ricken oder Schmalrehe in der Hauptsetzzeit gemeinsam mit den anderen weiblichen Stücken ihre Kitze zur Welt bringen.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass letztlich sowohl die Hauptbrunft als auch die Hauptsetzzeit wohl ausnahmslos in den hinlänglich bekannten Zeiträumen ablaufen. Dies schließt wiederum nicht aus, dass eine in der Anfangsphase der Brunft früh beschlagene Ricke in Norddeutschland bei entsprechender Witterung im darauf folgenden Frühjahr vielleicht schon Ende April setzen kann. Doch sind dies dann die so oft zitierten Ausnahmen, die die Regel bestätigen.

©LJV SH

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